Direct Drive oder Bowden Extruder? Wann ist Welcher Besser?

Martin

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Wenn du auf der Suche nach einem 3D-Drucker bist, musst du dich früher oder später zwischen einem Bowden Extruder und einem Direct Drive Extruder entscheiden. Beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile und eignen sich für verschiedene Anforderungen.

Ein Bowden Extruder sitzt am Rahmen des 3D-Druckers. Dadurch ist der Druckkopf leichter und kann höhere Druckgeschwindigkeiten erreichen. Ein Direct Drive Extruder sitzt direkt im Druckkopf, wodurch die Extrusionsgenauigkeit verbessert und die Verarbeitung von flexiblen Filamenten möglich wird. 

In diesem Artikel stelle ich dir beide Extruder Systeme im Detail vor, demonstriere ihren jeweiligen Aufbau, ihre Funktionsweise und gebe dir die Antwort darauf, welcher Extruder für dich am besten geeignet ist. 

Bevor wir jedoch in die Details gehen, ist hier noch eine schnelle Übersichtstabelle, wann sich entweder ein Bowden Extruder oder ein Direct Drive Extruder lohnt: 

ExtruderBowdenDirect
GeschwindigkeitHochMittel
DruckqualitätGutSehr gut, mit weniger Druckfehlern
FilamenteStarre Filamente:
PLA
ABS
PETG
Starre & flexible Filamente:
PLA
ABS
PETG
TPU
Vergleichstabelle Bowden- vs. Direktantrieb

Aufbau & Funktionsweise

Bowden Extruder

Ein Bowden Extruder sitzt weit entfernt vom Druckkopf am Rahmen oder an einer Achse des 3D-Druckers. Das Filament wird vom Extruder durch einen PTFE-Schlauch bis zum Druckkopf befördert. 

Dadurch, dass der Extruder bei einem Bowden-System nicht im Druckkopf integriert ist, ist der Druckkopf in der Regel insgesamt kleiner und leichter als bei einem Direct Drive System.

Durch das geringere Gewicht können höhere Geschwindigkeiten erreicht werden und die kleinere Größe des Druckkopfes erlaubt ein etwas größeres Druckvolumen in z-Richtung. 

Da das Filament einen längeren Weg bis zur heißen Nozzle zurücklegen muss und im PTFE-Schlauch Reibung entsteht, müssen die Motoren, die den Extruder antreiben, etwas stärker sein als bei einem Direct Drive Extruder. Die Motoren dürfen hier aber größer und schwerer sein, da sie sich nicht im Druckkopf befinden und das Gewicht des Druckkopfes nicht beeinflussen.

Direct Drive Extruder

Direct Drive Extruder (Ender-5 S1)

Bei einem Direct Drive Extruder befindet sich der Extruder im Druckkopf. Das Filament muss nur eine kurze Strecke vom Extruder bis zur heißen Nozzle befördert werden.

Der Druckkopf ist in der Regel größer und schwerer, wenn der Extruder direkt im Druckkopf verbaut ist. Mittlerweile verschwimmt die Grenze zwischen diesen beiden Extruder Systemen, was ihre Größe und ihr Gewicht angeht. 

Vor einiger Zeit haben sich Direct Drive Extruder kaum gelohnt, da der Druckkopf durch sie extrem schwer und groß wurde. Mittlerweile gibt es aber immer mehr Direct Drive Systeme, die mit dem geringen Gewicht und kleinen Größe von Druckköpfen von Bowden-Systemen mithalten können. 

Ein Beispiel dafür wäre der Sprite Direct Drive Extruder des Ender 3 S1. Der Druckkopf ist so leicht und klein wie bei manchen Bowden-Systemen. 

Druckgeschwindigkeit

3D-Drucker mit Bowden Extruder erreichen meistens höhere Druckgeschwindigkeiten als 3D-Drucker mit Direct Drive Extruder. Dies liegt am Gewicht der Druckköpfe. 

Bei schweren Druckköpfen oder einer instabilen Konstruktion können Vibrationen bei hohen Geschwindigkeiten auftreten, die etwa zu Ringing oder Ghosting führen. 

Die maximale Druckgeschwindigkeit, bei der fehlerfrei gedruckt werden kann, hängt also neben einer stabilen Konstruktion von dem Gewicht des Druckkopfes ab. Es gibt zwar Ausnahmen, jedoch sind die meisten Druckköpfe mit Direct Drive Extruder schwerer als solche bei einem 3D-Drucker mit einem Bowden Extruder.  

Daher können in der Regel 3D-Drucker mit einem Bowden Extruder eine höhere Druckgeschwindigkeit erreichen als solche mit einem Direct Drive Extruder.

250 mm/s Druckgeschwindigkeit ohne (links) und mit (rechts) Klipper.

Neben der Konstruktionen kann aber auch die Wahl der Firmware die Druckgeschwindigkeit beeinflussen. Klipper kann zum Beispiel mit einem Beschleunigungssensor am Druckkopf die Beschleunigungen, die bei Richtungswechseln auftreten, messen und kompensieren. 

Du kannst die Firmware sowohl bei 3D-Druckern mit einem Bowden oder Direct Drive Extruder verwenden. In beiden Fällen wird die Druckgeschwindigkeit erheblich erhöht, ohne eine schlechtere Druckqualität in Kauf nehmen zu müssen. 

Falls du neugierig bist, kannst du dir meinen praktischen Test des Creality Sonic Pad durchlesen, mit dem ich mit einer unfassbar schnellen Geschwindigkeit von 250 mm/s fehlerfrei drucken konnte (ohne das Pad waren es nur 60 mm/s!). 

Reaktionszeit

Je weiter der Extruder von der heißen Nozzle entfernt ist, desto stärker werden Extrusions- und Retraction-Bewegungen verzögert. Daher drucken Direct Drive Extruder genauer und mit weniger Druckfehlern als Systeme mit einem Bowden Extruder.

Es gibt im Prinzip drei Faktoren, die die Reaktionszeit der Extrusion und Retraction beeinflussen:

Flexibilität des Filaments: Flexible Filamente können die Bewegungen des Extruders teilweise kompensieren. Bei Extrusions-Bewegungen komprimieren sie sich und verzögern so den Vorschub. Bei Retraction-Bewegungen dehnen sie sich und verzögern so den Einzug.
Je länger die Strecke zwischen dem Extruder und der Nozzle ist, desto stärker wird dieser Effekt. Mehr dazu im nächsten Abschnitt über kompatible Filamente.

Toleranz des PTFE-Schlauchs: Bei einem Bowden Extruder wird das Filament vom Extruder durch einen PTFE-Schlauch zum Druckkopf befördert. Ist der Innendurchmesser des PTFE-Schlauchs viel größer als der Durchmesser des Filaments, kann das Filament bei Extrusions- und Retraction-Bewegungen im Schlauch hin und her schlackern und verzögert reagieren. Daher sind hochwertige PTFE-Schläuche beliebte Upgrades bei 3D-Druckern mit Bowden Extrudern. 

Reibung des Filaments am PTFE-Schlauch: Die Innenseite des PTFE-Schlauchs eines Bowden Extruders sollte so glatt wie möglich sein, um Reibung zum Filament zu verhindern. Je größer die Reibung ist, desto größer wird die Verzögerung der Bewegung. 

Filamente

Flexibles TPU Filament

Je länger die Strecke zwischen Extruder und Nozzle ist, desto stärker können flexible Filamente die Extrusions- und Retraction-Bewegungen des Extruders kompensieren. Daher können Bowden Extruder flexible Filamente nur schwer oder gar nicht verarbeiten, Direct Drive Extruder dagegen schon.

Um diesen Effekt zu veranschaulichen, habe ich jeweils für die Extrusions- und Retraction-Bewegung ein GIF erstellt. Zu sehen ist die nicht vorhandene Verzögerungen bei einem starren Filament wie PLA, die große Verzögerung bei einem flexiblen Filament wie TPU bei einem Bowden Extruder und die kleine Verzögerung bei TPU bei einem Direct Drive Extruder. 

Verzögerung der Extrusion bei flexiblen Filamenten.

Wird ein flexibles Filament wie TPU von einem Bowden Extruder durch den langen PTFE-Schlauch gedrückt, wird es auf der Strecke zwischen Extruder und Nozzle gestaucht, bevor die Bewegung an der Nozzle ankommt. Bei einem Direct Drive Extruder tritt der Effekt auch auf, jedoch ist die Verzögerung sehr viel kleiner.

Druckfehler, die dadurch entstehen können, sind etwa Löcher, eine starke Z-Naht oder andere Phänomene einer Unter-Extrusion am Anfang einer Schicht.

Verzögerung der Retraction bei flexiblen Filamenten.

Bei der Retraction wird das flexible Filament zwischen Extruder und Nozzle gedehnt, bevor die Bewegung am Ende des Filaments ankommt. Das Filament wird also eine gewisse Zeitspanne später zurück in die Nozzle gezogen, als eigentlich gewollt. 

Dieser Effekt ist bei Bowden Extrudern viel größer als bei Direct Drive Extrudern. Dies ist der Hauptgrund, warum sich Bowden Extruder kaum oder gar nicht für flexible Filamente eignen. 

Der Druckfehler, der vorwiegend durch diese Verzögerung der Retraction entsteht, ist Stringing. Bei starken Verzögerungen können sogar Kleckse entstehen. 

Zwar ist es bei Bowden Extrudern manchmal fast unmöglich diese Druckfehler abzustellen, bei 3D-Druckern mit Direct Drive Extruder ist die Kalibrierung der Retraction jedoch auch etwas aufwendiger als bei starren Filamenten. 

Filament Sensor

Ein Filament Sensor detektiert gebrochenes oder aufgebrauchtes Filament. Bei 3D-Druckern mit Bowden Extrudern befindet sich der Filament Sensor vor dem Extruder. Bei 3D-Druckern mit Direct Drive Extrudern befindet sich der Filament Sensor entweder unter dem Filament-Halter oder im Druckkopf.

Der Filament Sensor muss in beiden Fällen vor dem Extruder positioniert sein. Bei einem 3D-Drucker mit Bowden Extruder ist die Positionierung generell einfacher, da der Extruder an einem stabilen Ort am Rahmen oder einer Achse montiert ist. Dort ist das zusätzliche Gewicht eines Filament Sensors kein Problem.

Die Platzierung das Filament Sensors ist bei einem 3D-Drucker mit Direct Drive Extruder etwas schwieriger, da sich der Extruder mit dem Druckkopf bewegt. Es gibt auch Druckköpfe, die so kompakt gebaut sind, dass der Filament Sensor noch innerhalb des Druckkopfes Platz hat. 

Generell wird der Filament Sensor jedoch außerhalb des Druckkopfes montiert, um Gewicht zu sparen. Mittlerweile haben sich freischwingende Varianten, die direkt unter dem Filamenthalter am oberen Ende des Rahmens montiert sind, durchgesetzt. 

3D-Drucker Beispiele

Bowden Extruder 3D-Drucker:

Direct Drive Extruder 3D-Drucker:

Fazit: Welches Extruder System ist Besser?

Objektiv gesehen ist keines der beiden Extruder Systeme besser als das andere. Je nach Anforderung und Einsatzzweck kann sich für dich eher ein Bowden oder Direct Drive Extruder mehr lohnen. 

Falls du hauptsächlich starre Filamente verarbeiten möchtest, ist ein Bowden Extruder dank seiner höheren Druckgeschwindigkeiten absolut ausreichend. 

Wenn du dir die Möglichkeit offen halten möchtest, auch mit flexiblen Filamenten zu arbeiten, solltest du einen 3D-Drucker mit Direct Drive Extruder wählen. Auch ist die Druckqualität bei diesen Extrudern etwas höher.


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